2022 - Jana Hartmann

Jana Hartmann - 13. Darmstädter Stadtfotografin

21.06.2022

Jana Hartmann wird 13. Darmstädter Stadtfotografin

Fotografiepreis der Werkbundakademie Darmstadt seit 1999

Jurysitzung erfolgte am 21.06.2022

 

Die Werkbundakademie Darmstadt lud eine siebenköpfige Jury am 21.06.22 ins Literaturhaus Darmstadt um den/die 13. Darmstädter Stadtfotograf*in zu finden. Der Fotografiepreis ist dieses Mal an das Thema GRÜN gebunden. Aufgabe des/der Stadtfotograf*in ist allerdings keine reine Fotodokumentation sondern eine künstlerische Auseinandersetzung mit GRÜN, welches für Stadtgrün, Parklandschaften, Grün an Fassaden und öffentlichem Raum, sowie aber private Pioniere des Grüns oder gar im Reagenzglas in der Wissenschaftsstadt Darmstadt stehen könnte. Nach drei Stunden Diskussion wird fast einstimmig die in Frankfurt lebende Fotografie Jana Hartmann gekürt. Das Preisgeld beträgt 3.000 EUR.

Seit 2001 lobt die Werkbundakademie Darmstadt den Fotografiepreis Darmstädter Stadtfotograf aus, den ersten visuellen Stadtschreiber bundesweit. Sechs der Jurymitglieder waren aufgefordert einen Vorschlag zu unterbreiten und anhand von fünf exemplarischen Fotografien die jeweilig Arbeit der/des Fotograf*in vorzustellen.

 

Mitglieder der Jury waren:

  • Dr.-Ing. Barbara Boczek, Stadtplanerin TU Darmstadt, Fachbereich Entwerfen und Freiraumplanung

  • Roland Held, Kunstkritiker und Autor

  • Alexandra Lechner, freie Fotografin in Frankfurt

  • Wolfgang Lück, Vorstand Werkbundakademie Darmstadt

  • Celina Lunsford, Künstlerische Leitung Fotografie Forum Frankfurt und Honorarprofessorin für Fotografie am Fachbereich Gestaltung der Hochschule Darmstadt

  • Andreas Neuhann, Landschaftsarchitekt

  • Ute Ritschel, Kuratorin Waldkunst e.V.

 

Celina Lunsford schlug die in Frankfurt lebende bildende Künstlerin und Fotografin Jana Hartmann vor, da Jana Hartmann besondere Perspektiven auf die Natur und nicht gängige „Ablichtungen“ für Natur schafft. Ihrer Arbeit liegt eine gründliche Recherche zugrunde, welche konzeptuell und experimentell umgesetzt wird. Die künstlerische Feldforschung scheint ganzheitlich ausgelotet zu werden. Das prozessorientierte Arbeiten anhand radikaler Offenheit und spielerischem Umgang mit dem Vorgefunden mündet in sehr abstrakten aber eben auch poetischen Fotografien, die tatsächlich „nur“ die Realität abbilden, da eine absolut unerwartete Perspektive gewählt wurde. International hat die Fotografin auch einiges vorzuweisen – zuletzt die Nominierung zum Paris Photo - Aperture Foundation First PhotoBook Award 2021.

Obwohl oder gerade weil die vorgestellten Fotografien am entferntesten von den Erwartungen der Jury lagen, überzeugten sie die Jury: jetzt werden Überraschungen während Hartmanns Stadtfotografie-Jahr erwartet! Manchmal konnte man gar nicht erkennen, was auf den Bildern dargestellt wird. Unterirdische Gärten, surrealistische Landschaften, Wissenschaft und Forschung spiegeln ihre Fotografien einerseits und andererseits komponiert sie ihre Fotografien verdichtet wie in einer Stadt zu Stadtplan bei Ausstellungen. Ein Gewinn für die Stadtfotograf*innen-Reihe ist bestimmt, dass Jana Hartmann auch bildende Künstlerin ist – und nicht nur Fotografin.

 

Nach dem Überraschungsmoment der Freude 13. Darmstädter Stadtfotografin zu sein, verfasst Jana Hartmann folgendes Statement für ihr kommendes Jahr in Darmstadt:

Die vielschichtige und ambivalente Beziehung zwischen Mensch und Natur ist ein zentrales Thema meiner künstlerischen Tätigkeit. Die Nominierung zur Darmstädter Stadtfotografin ermöglicht mir, eine weitere Facette dieser komplexen und spannungsgeladenen Beziehung zu erkunden: Wie entsteht ein lebenswertes Stadtumfeld, in dem urbanes Leben und Natur ausgewogen koexistieren? Nachdem mich zuletzt in 2020 die Darmstädter Tage der Fotografie in die Wissenschaftsstadt führten, freue ich mich, nun wieder an diesen facettenreichen Ort zurückzukehren.“

Das Thema "Grün" - worum geht es?

Das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat gibt ein Weißbuch Stadtgrün heraus und nennt Stadtgrün eine Gemeinschaftsaufgabe. Stadtnatur sei eine vordringliche Forschungsaufgabe. Stadtgrün als Zukunftsaufgabe. Grün in der Stadt als politisches Ziel in der dritten Dekade des 21. Jahrhunderts. Was bedeutet das für Darmstadt? Darmstadt ist nicht ohne Grün und war auch nicht ohne Grün. Grün ist keine neue Aufgabe. Grün muss aber unter neuen Fragestellungen weiterentwickelt werden. Die Vergangenheit ist natürlich nicht einfach ideal. Es sind Fehler gemacht worden, Fehlentwicklungen wurden zugelassen. Für eine sinnvolle Weiterentwicklung muss man sich mit dem, was ist, beschäftigen, Vergangenes entdecken und wertschätzen.

Ein paar Stichworte mögen genügen. Darmstadt hieß mal die „Großstadt im Walde“. Landgrafen und Großherzöge hinterließen mit Parks und Öffentlichen Gärten vielfältige Zeugnisse der Gartenkunst. Stadterweiterungen wurden mit viel Grün geplant. Der Waldfriedhof ist ein besonderes Zeugnis von Architektur und Gartenkunst vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Grünanlagen, grüne Platze und Promenaden prägen das Stadtbild. Privaten Initiativen verdanken sich Skulpturengärten, bewaldete Wohnhäuser und ein Waldkunstpfad. Fließende und stehende Gewässer werden von Grün umsäumt. Erkennbar sind Ansätze zu einer ökologischen Stadtentwicklung bzw. einem ökologischen Stadtumbau mit urban gardening, Saisongärten, begrünten Regenversickerungsanlagen, Fassaden- und Dachbegrünung und einer Mooswand im Autotunnel. Das alles ist noch nicht zu einem Gesamtbild zusammengefügt. Es fehlen Grünverbindungen. Die Einbettung des städtischen Grüns in die umgebenden landschaftlichen Typen ist nicht überzeugend sichtbar.

Das Projekt 13. Darmstädter Stadtfotograf*in soll die Grün-Situation Darmstadts fotokünstlerisch erforschen und darstellen. Die Ergebnisse einer ca. einjährigen Arbeit werden in einer Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert und zusammen mit Wortbeiträgen in einem Bildband veröffentlicht. Berufene Juroren stellen je einen Kandidaten/ eine Kandidatin für das Stadtfotografenamt vor und wählen nach Abwägung der Eignungen die Person aus, die mit der fotografischen Aufgabe betraut werden soll.

Das Projektteam stellt für die Wortbeiträge eine Themenliste zusammen und spricht geeignete Autoren an. Neben Erfahrungsberichten und Vorstellung von Initiativen und Projekten soll es wissenschaftlich reflektierte Texte zur Thematik Stadtgrün geben. Dazu gehören geschichtliche Rückblicke genauso wie kritische Analysen und Würdigungen gegenwärtiger Zustände. Die Autoren sollen ihre persönliche Einschätzung nicht verbergen und aufgrund ihrer Erkenntnisse durchaus auch Empfehlungen etwa für die Grünpolitik und Grünplanung der Wissenschaftsstadt Darmstadt aussprechen.

Angestrebt ist eine Veröffentlichung im Berliner Verlag jovis. Die Beiträge des Bandes sollen deshalb die Darmstädter Situation auch als Beispiel für grundlegende Probleme verstehen. So weit es erkennbar ist, sollten Darmstädter Eigenarten und Besonderheiten herausgestellt werden von Gegebenheiten, die es im Grundsatz in jeder Stadt gibt wie z.B. Friedhöfe, Kleingärten und Sportanlagen. Der Band soll sich an ein interessiertes breites Publikum richten und dementsprechend möglichst in allgemeinverständlicher und anregender Sprache verfasst sein. Abstrakt wissenschaftliche Argumentationen sollen vermieden und Anschaulichkeit angestrebt werden.